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Gepresster Plastikmüll

Recyceln wir nur fürs gute Gewissen? Von Müllbergen in Asien und Zukunftslösungen.

Gepresster Plastikmüll
Recycling lohnt sich. Meistens. Doch wie groß der ökologische Nutzen im Einzelfall ist, wie viele Lebenszyklen Verpackungsmaterial wie Glas, Pappe oder Aluminium hat, hängt von vielen Faktoren ab. Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Eine hohe Recyclingquote sagt längst nicht alles über die Wiederverwendung aus und oft landet Müll auf Müllkippen in Asien. Unser Appell: Recycling ist die Notlösung, der Fokus muss auf Müllvermeidung liegen.

von Ludwig. - Lesezeit: 10 Minuten

Gäbe es eine Recycling-EM, Deutschland wäre wohl Europameister. Deutschland hat eines der besten Recycling-Systeme weltweit, und dennoch haben Recherchen große Schwächen des Systems entlarvt. Was also bringt's, wenn wir recyceln? Sollten wir nicht eher Müll vermeiden, statt immer nur zu recyceln? Kleiner Spoiler: Für die Umwelt hätte es positivere Effekte, wenn wir mehr auf Müllvermeidung setzen.

Immerhin geben neue Gesetze Anlass zur Hoffnung. 2024 hat das EU-Parlament ein Gesetz beschlossen, dass ab 2030 jede Verpackung in der EU recycelbar sein muss - mit wenigen Ausnahmen, etwa bei Medikamentenverpackungen. Einweg-Plastikverpackungen sind ab 2023 dann EU-weit tabu. So geht es etwa den guten alten Ketchup-Tütchen an den Kragen. Und in Deutschland greift ab Januar 2025 eine neue Plastiksteuer, die das Ziel hat, Plastikmüll zu verringern.

Warum Recycling wichtig ist und wie du die Codes erkennst.

Eines der bekanntesten Recycling-Symbole ist der Grüne Punkt. Das Umweltsymbol wurde 1990 eingeführt. Inzwischen gibt es viele Recyclingcodes, die die unterschiedlichen Kunststoffe kennzeichnen. Laut Verbraucherzentrale erkennst du den Recyclingcode auf einer Verpackung am dreieckigen Symbol mit drei Pfeilen. Die Recyclingcodes geben Auskunft über das verwendete Verpackungsmaterial und sind bei der Abfalltrennung hilfreich.

Wie sieht so ein Recyclingcode für Kunststoffe, Metalle, Glas etc. eigentlich aus? Eine Übersicht:

  • 3 in einem Dreieck angeordnete, schwarze Pfeile,
  • einer Nummer in der Mitte des Symbols, die das Verpackungsmaterial kennzeichnet und
  • gegebenenfalls einem zusätzlichen Materialkürzel (z.B. LDPE, HDPE, PET, PP, ALU) direkt unter dem Dreieck.

3 Gründe, warum Recycling wichtig ist.

    Grund 1: Mit Recycling reduzieren wir Emissionen. Gut so.

    Bei den Produkten, die aus einem Recyclingprozess gewonnen werden (Fachbegriff von Rezyklate), fallen weniger CO2-Emissionen an verglichen zur Herstellung aus komplett neuen Ressourcen. Besonders krass ist der Unterschied bei Aluminium, das etwa etwa für Dosen verwendet wird. Während bei der Neuproduktion pro Kilogramm Aluminium 11 Kilogramm CO2-Äquivalente entstehen, werden beim Recycling nur 0,4 Kilogramm CO2-Äquivalente frei. Auch bei anderen Materialien ist der CO2-Ausstoß im Recyclingprozess geringer als bei einer Neuproduktion, erklärt Quarks.

    Grund 2: Deponiemüll belastet die Umwelt. Nicht geil.

    Landet etwas nicht im Recycling-Kreislauf, wird hoffentlich der Müll zur Energiegewinnung verbrannt und landet nur als letzte Option auf einer Mülldeponie. Für die Umwelt und das Klima ist das problematisch. Denn auf Mülldeponien können Schad- und Giftstoffe in den Boden gelangen sowie klimaschädliche Gase entstehen. Außerdem weht es den Müll von Deponien mit dem Wind weg und dieser landet schließlich in Flüssen und Meeren.

    Grund 3: Ressourcen sind endlich. Wissen wir alle.

    Wir wissen es und trotzdem leben viele deutlich über ihren Verhältnissen – auch in Deutschland. Der Earth Overshoot Day fiel 2024 für Deutschland auf den 2. Mai ­­– so früh wie nie. Wichtige Ressourcen, die für die Produktion von Verpackungsmaterial nötig sind, sind nun mal endlich. Etwa Öl, Quarzsand, seltene Erden oder Wasser. Daher müssen wir recyceln, um der Natur entnommene Rohstoffe wiederzuverwenden. Und: Der Abbau von Rohstoffen geht oft auch mit miserablen Arbeitsbedingungen für die lokale Bevölkerung einher. Ressourcen schonen und eine Kreislaufwirtschaft ist also in vielerlei Hinsicht verdammt wichtig.

Mülltonne

Die knifflige Sache mit der Recyclingquote.

Wir recyceln. Die Deutschen haben eine der höchsten Recyclingquoten im internationalen Vergleich. Laut aktuellsten Daten des Statistischen Bundesamts lag die Recyclingquote (stoffliche Verwertung) in Deutschland im Jahr 2021 bei 70,1 %. Damit belegt Deutschland in der EU einen Spitzenplatz. Weitere 11,8 % der Abfälle wurden energetisch verwertet, also in Müllheizkraftwerken verbrannt und für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt, so das Statistische Bundesamt.

Besonders hohe Recyclingquoten gibt es bei Materialien wie Aluminium, Papier bzw. Altpapier und Kartons sowie Glas. Hier die Quoten in Deutschland:

  • Aluminium: 94 %
  • Papier und Karton: 90 %
  • Papierverbund: 10 %
  • Glas: 84 %
  • Kunststoffverpackungen: 56 %

Laut Naturschutzbund (NABU) werden etwa 60 % der Abfälle durch Kunststoffverpackungen im Schnitt recycelt. Im letzten Jahrzehnt habe die Recyclingquote aber stagniert.

Tabelle: Entwicklung der Recyclingquoten bei Verpackungsabfällen 1991 bis 2020 (in Prozent).

199119972007201220172020
Glas53,783,583,784,784,484,2
Aluminium16,679,774,291,491,196,0
Weißblech37,179,591,693,090,991,9
Kunststoffe11,66162,29999,499,7
Papier, Pappe55,888,686,999,499,799,8
Getränkekarton061,666,798,899,499,6
Gesamtquote39,282,679,296,396,896,9

Quelle: Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), Bundesumweltministerium

Hinweis: Bei den Werten handelt es sich um thermische und stoffliche Verwertung.

Vorsicht bei der Bewertung der Recyclingquote.

Kunststoffe können sowohl werkstofflich als auch energetisch verwertet werden. Das heißt, Kunststoffabfälle, die nicht stofflich oder rohstofflich wiedergenutzt werden, können energetisch verwertet, sprich zur Energiegewinnung verbrannt werden. Kunststoffe haben einen hohen Heizwert und sind somit sehr gute Energieträger. Oft verfälscht das aber die Recyclingbilanz.

Um den Effekt einzuschätzen: Vom gesamten privaten Verpackungsabfall (Gelbe Tonne, Glas- oder Papiercontainer) in Höhe von 5,9 Millionen Tonnen wird in Deutschland der Großteil vermeintlich recycelt (70 %). Zumindest laut offiziellen Zahlen. 0,9 Millionen Tonnen Abfälle (16 %) wurden überwiegend zur Energiegewinnung verbrannt.

Der Rest unseres Mülls wird ins Ausland exportiert – sowohl der von Privathaushalten als auch von Unternehmen. Im Jahr 2021 wurden gut 766.200 Tonnen Kunststoffabfälle aus Deutschland exportiert. Das klingt krass, aber: Das war ein Viertel weniger (-25,2 %) als im Jahr 2020. Wie der WWF 2021 in einer Studie betonte, landet am Ende "viel zu viel Material in der Verbrennung, im Export, in offenen Recyclingkreisläufen und geht dem System nach kurzer Nutzung verloren". Echtes Recycling sieht anders aus.

Wie kann man die Recyclingquote in Deutschland und der EU erhöhen?

Das ist gar nicht so einfach, auch weil die Gesetze bislang zu lasch waren. Immerhin: Ein neues Verpackungsgesetz schreibt seit Januar 2022 für Kunststoffverpackungen vor, dass mindestens 63 % ins Recycling gelangen müssen. Viel nützlicher könnte aber eine gesetzliche Rezyklat-Mindestquote sein, die vorgibt, wie viel Rezyklat bei der Herstellung bestimmter Kunststoffprodukte eingesetzt werden muss. Ein Beispiel, das bereits auf den Weg gebracht wurde: Die Rezyklat-Quote für PET-Einwegflaschen in der EU und Deutschland, die ab 2025 zu 25 % aus Rezyklat bestehen müssen. 2030 soll die Quote dann auf 30 % angehoben werden.

Polarstern räumt die Isar auf – sei dabei!

Die Natur ist keine Müllkippe. Eigentlich selbstverständlich, aber leider landet viel zu viel Müll in Wiesen, Wäldern, Meeren und Flüssen. Auch an der Isar in München liegt viel Müll rum. Der landet letztlich auch im Meer. Wir von Polarstern tun was dagegen. Einmal jährlich veranstalten wir den Polarstern Isar CleanUp und sammeln Kronkorken, Kippen, Verpackungen aber auch alte Fahrräder am Ufer ein. Damit die Isar nicht im Müll erstickt. Du hast Lust, dabei zu sein? Dann mach mit!

Erfahr mehr über den Polarstern Isar CleanUp

Gruppenfoto zum Start des Isar CleanUps in München.

Ist Recycling wirklich immer "grün"? Jein.

Werfen wir dazu mal einen Blick auf Plastik. Wie grün ist recyceltes Plastik wirklich? Es gibt eine Menge Beispiele für Unternehmen, die aus Plastikmüll recycelte, neue Produkte schaffen. Oft sogar aus Plastikmüll, der es leider schon bis ins Meer geschafft hat. 2022 hat eine Geschichte für Schlagzeilen gesorgt, die der Branche ganz schön wehgetan hat. Es geht um Gotbag, die Firma, die Rucksäcke aus Plastikmüll produziert und sich plötzlich Greenwashing-Vorwürfen ausgesetzt sah. Der Fall zeigte auch, dass es auf die stoffliche Verwertung ankommt. Und die kann beim Recycling von Kunststoffen ganz unterschiedlich sein. PET-Flaschen zum Beispiel lassen sich gut wiederverwerten. Dabei werden die Kunststoffflaschen zu Granulat verarbeitet und können dann gut wiederverwertet werden.

Wie wird altes Plastik wieder nutzbar gemacht?

Um den Plastikmüll aus dem Meer weiterzuverarbeiten, ist ein großer technologischer Aufwand nötig, da sich unter Wasser verschiedene Plastikarten miteinander vermischen. Hier kann angezweifelt werden, ob Produkte aus recyceltem Meeresplastik in der Gesamtbetrachtung wirklich so umweltfreundlich sind wie versprochen.

Produkte aus Meeresplastik: Wirklich gut oder eher nicht?

Auch bei den Kunststoffen, die wir in die Gelbe Tonne bzw. den Sack werfen, sieht die ökologische Recyclingbilanz nicht toll aus. Leider. Vieles wird zwar nochmal verwertet, aber in minderer Qualität. Laut Plastikatlas 2019 des BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung liegen die Mengen des tatsächlich recycelten Plastiks nur bei etwa 16 % aller gesammelten Plastikverpackungen und -folien.

Mischkunststoffe sind kaum recycelbar.

Ein weiteres Umwelt- und Recyclingproblem stellen Mischkunststoffe dar, zum Beispiel Chipstüten, Verpackungen von Süßigkeiten und Zahnpastatuben. Bei den sogenannten Mischkunststoffen – also Plastikverpackungen, die aus mehreren Werkstoffen bestehen – ist das Recycling deutlich schwieriger. Vor allem durch die unterschiedliche Zusammensetzung dieser Abfallfraktion leidet die Qualität des Rezyklats. Sie werden daher besonders oft verbrannt oder dem Downcycling (Produkte, die einen geringeren Wert haben als das Rohmaterial, aus dem sie hergestellt wurden) zugeführt.

Trend zu kaum recycelbaren Papierverbunden.

Eine neue Problematik beim Recycling stellt der Trend zu Papierverbunden dar, die inzwischen reine Plastikverpackungen bei Lebensmitteln wie etwa Käse oder Wurst ersetzen sollen, da sie in den Augen der Verbraucher:innen vermeintlich ökologischer sind. Laut einer Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) könnte sich die Menge an Papierverbundverpackungen bis 2030 von aktuell 313.600 Tonnen auf 572.500 Tonnen fast verdoppeln.

Bei Papierverbunden wird Pappe mit Kunststoff kombiniert. Dieser Materialmix macht das Recycling laut Fachleuten aber extrem schwierig und eine Kreislaufwirtschaft unmöglich. Demnach sind 60 % der Papierverbundverpackungen zu weniger als 90 % recyclingfähig, ergab die Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Die Recyclingquote der Papierverbunde, die in den Gelben Sack gelangen, liegt sogar nur bei 10 % – ziemlich mau. Die Folge: Mehr Müll, weniger Recycling. Im Vergleich dazu sind bei Kunststoffverpackungen rund zwei Drittel zu mehr als 95 % recyclingfähig, so die Studie.

Reine Kunststoffverpackungen sinnvoller fürs Recycling.

Bei den Recyclingquoten und -prozessen gibt es je nach Qualität und Stoffart also krasse Unterschiede. Ökologisch betrachtet sinnvoller sind aus Sicht des Experten Wolf Karras, Werkstoffwissenschaftler und Experte für Ökodesign, Verpackungen aus einem Monokunststoff wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE). „Beide Polymerarten eignen sich hervorragend für den Gebrauch und lassen sich anschließend vollständig recyceln und zu neuen Verpackungen verarbeiten – ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft“, so Karras.

Müllberge in Asien: Die Müllhalden der Europäer.

Längst nicht alle Abfälle und Stoffe können recycelt werden. Weil es in fremden Ländern etwa in Asien oft günstige Konditionen und laschere Umweltstandards bei der Entsorgung gibt, exportieren andere ihren Müll gerne und fleißig dorthin. Die Müllexporte wurden zwar inzwischen von der EU eingeschränkt bzw. erschwert; und Müll-Empfängerländer wie China wollen die Müllmengen nicht mehr haben. Doch Abfall, der nicht mehr recycelt wird, landet nach wie vor oft im Ausland – und verfälscht zusätzlich die Recyclingquote.

Immerhin: Seit China seine Grenzen Anfang 2018 für ausländische Plastikabfälle geschlossen hat, haben sich die Exporte aus Deutschland nach Südostasien beinahe halbiert. Seit Januar 2021 sind Plastikmüll-Importe aus der Europäischen Union stark eingeschränkt. Auch Vietnam hat so einen Importstopp für Plastikmüll. In Entwicklungsländer dürfen nach derzeitiger Gesetzeslage nur noch saubere Kunststoffabfälle zum Recycling ausgeführt werden. Allerdings hat das chinesische Verbot auch dazu geführt, dass die Müllberge aus der EU nun nach Malaysia und in die Türkei exportiert werden.

Deutschland exportiert wieder mehr Müll nach Asien – langfristig aber weniger.

Und: 2023 haben sich Deutschlands Plastikmüll-Exporte in asiatische Länder wieder deutlich erhöht. Im Jahr 2023 seien etwa 158.000 Tonnen Kunststoffabfälle aus der Bundesrepublik nach Asien verschifft worden und damit circa 51.000 Tonnen mehr als ein Jahr zuvor (während Corona), teilte der Entsorgungsverband BDE mit. Die Asien-Exporte machen der BDE-Statistik zufolge ein Viertel aller Plastikabfallausfuhren aus Deutschland aus. Hauptabnehmer unter den Top-10-Staaten waren in 2023:

  1. Niederlande (rund 126.000 Tonnen),
  2. Malaysia (90.000),
  3. Türkei (86.000),
  4. Polen (65.000),
  5. Indonesien (40.000),
  6. Schweiz (39.000),
  7. Österreich (38.000)
  8. Belgien (30.000)
  9. Vietnam (25.000)
  10. Tschechien (16.000)
Vom Fluss auf deinen Teller: Der verhängnisvolle Weg des Mülls

Langfristig sind die Schiffsladungen mit deutschem Plastikmüll aber gesunken, wie der Abfallverband BDE betont: 2011 hatte Deutschland noch 763.400 Tonnen Kunststoff-Abfälle nach China verschifft, also etwa fünfmal so viel wie 2023 nach Asien insgesamt. Damals war China mit großem Abstand der Hauptabnehmer - heute liegt der China-Anteil bei null.

Müll an einem Fluss in Asien.

Recycling-Materialien im Vergleich.

Es ist leider nicht ganz easy, eine Aussage zu treffen, was gut recycelbar ist und was nicht. Wobei die Zahlenlage bei Glas und Papier sehr gut ist. Faktoren wie die Reinheit eines Materials, der Energieaufwand bei der Herstellung bzw. beim Recycling und natürlich die Umweltverträglichkeit spielen eine große Rolle. Gerade bei Batterien von Elektroautos gibt es Diskussionen um die Kreislaufverträglichkeit.

RecyclingfähigkeitEmissionsbilanz bei Neuproduktion*Emissionsbilanz bei Recycling*
Aluminium okay** 11,0 0,4
Glas sehr gut 0,9 0,5
Papier/Karton sehr gut 1,1 0,7
Kunststoff schlecht*** 2,1 1,3
Stahl sehr gut 2,4 0,3

*Angaben in CO2-Äquivalenten pro kg **Da verschiedene Aluminium-Legierungen beim Umschmelzen nicht entfernt werden können, kommt es bei Aluminium häufig zu Downcycling. ***Je nach Kunststoffart ist die Recyclingquote sehr unterschiedlich, oft aber nur wenige Recycling-Zyklen.

Quellen: Quarks, Umweltbundesamt, Hillman et al.

Aluminium

Unter den Verpackungsmaterialien hat Aluminium das höchste Potential, durch Recycling die CO2-Emissionen zu senken. Auch bei der Herstellung von Plastikverpackungen oder Glas lassen sich durch Recycling rund ein Drittel der Emissionen sparen.

Baumwolle.

Andere Stoffe haben recycelt einen klaren Umweltvorteil. Recycelte Baumwolle zum Beispiel hat die gleichen, guten Trageeigenschaften wie neue Baumwolle, die Fasern sind jedoch kürzer und haben eine unregelmäßige Oberfläche. Das macht den so hergestellten Stoff saugfähig und atmungsaktiv. Aber er ist auch knitteranfälliger und aufgrund der kürzeren Fasern meist nicht mehr so strapazierfähig und reißfest.

Recyceltes Polyester – der Schein trügt.

Bei Polyester, das aus PET-Flaschen gewonnen wird, ist der Produktionsprozess im Vergleich zu herkömmlichem Polyester energiesparender. Weil auf bereits bestehende Kunststoffe zurückgegriffen wird, muss weniger Erdöl für die Polyesterherstellung gefördert werden. Doch es gibt auch große Nachteile: Laut einer Studie von 2021 kann der CO2-Ausstoß durch den Aufwand des Recyclingprozesses sogar höher sein. Außerdem wird eine Vielzahl von umweltschädlichen Chemikalien eingesetzt, um die Fasern aufzubereiten. Ist der Ausgangsstoff ein Mischgewebe, ist der Recyclingprozess derart aufwändig und ressourcenintensiv, dass Hersteller in der Regel darauf verzichten.

Lithium-Ionen-Batterien.

Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren, um eine Batterie zu recyceln: Das thermische Schmelzen und das mechanische Schreddern. Aktuell werden in Europa pro Jahr ungefähr 50 Kilotonnen Altbatterien recycelt. In den kommenden Jahren werde die Menge stark zunehmen, so das Fraunhofer-Institut. Das Problem ist: Rezyklate allein können den Ressourcenbedarf für die Batterieproduktion nicht decken.

Das deutsche Unternehmen Duesenfeld hat etwa einen Schredder unter Stickstoff gesetzt und zerlegt darin die Lithium-Ionen-Batterie von E-Autos bis nur noch eines bleibt: Geschreddertes und Elektrolyt. Aus dem geschredderten Material gewinnt man die einstigen Rohstoffe Graphit, Mangan, Nickel, Kobalt und Lithium. Sie gehen in die (Re-)Produktion. 96 % aller Batteriebestandteile würden so einem neuen Kreislauf zugeführt.

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Ziel sollte Abfallvermeidung statt Recycling sein.

Meere, Flüsse, Städte – überall gibt es Müllberge. Die dunkle Seite des Recyclings ist, dass uns das gute Gewissen des Recycelns kaum dazu bringt, weniger Verpackungsmüll zu produzieren. Ganz zu schweigen davon, dass Hersteller bislang kaum Anreize haben, möglichst verpackungsarme Produkte auf den Markt zu bringen.

Mehr als 600 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr.

Nach aktuellen Schätzungen sind etwa 40 % der Plastikprodukte in weniger als einem Monat Abfall, heißt es im Plastikatlas. Ein echter Kreislauf ist das also nicht. Im Jahr 2025 werden voraussichtlich mehr als 600 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert werden. Heutige Recyclingsysteme wären nicht in der Lage, diese ungeheure Menge an Müll überhaupt zu bewältigen, sagen Expert:innen. Dazu ist Recycling immer auch sehr energieintensiv.

Produkte aus Meeresplastik: Wirklich gut oder fragwürdig?

Plastikverschmutzung kann um 80 % reduziert werden.

Dabei gibt es Hoffnung! Bis zum Jahr 2040 ließe sich die globale Plastikverschmutzung einer Studie zufolge um 80 % verringern. Dafür stünden schon jetzt alle Ressourcen bereit, heißt es in einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) von Mai 2023. Voraussetzung dafür seien "tiefgreifende politische und marktwirtschaftliche Veränderungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft". Das Zauberwort heißt Kreislauf. Weiteres Potenzial gibt es dem UN-Bericht zufolge bei Papier und anderen kompostierbaren Materialien, die als Ersatz für Plastik dienen könnten. Dies könne die Plastikverschmutzung um 17 % drücken.

Es ändert sich was: Einer EU-Richtlinie zufolge müssen bis 31. Dezember 2025 in der EU mindestens 65 % aller Verpackungsabfälle recycelt werden. Folgende Recyclingquoten müssen dabei für die Materialien erzielt werden: Von Holz müssen 25 %, von Kunststoffen und Aluminium jeweils 50 %, von eisenhaltigen Metallen und Glas jeweils 70 %, und von Papier, Pappe und Karton müssen 75 % recycelt werden.

Schluss mit Plastik! Unsere Tipps gegen Plastikmüll

Doku-Tipp zur globalen Plastikkrise.

Die ARD-Doku „Die Recyclinglüge“ zeigt, wie wichtig Abfallvermeidung ist. Weltweit werden nur läppische 5 % des Plastikmülls zu neuem Material weiterverarbeitet, wie die Recherchen zeigen. Der Rest verschwindet in Asien oder wird zum Beispiel in deutschen Zementwerken für die Produktion von Zement verbrannt. Für diese thermische Verwertung kassiert die Zementindustrie sogar ordentlich Geld. Bislang verdient die Müll- und Recyclingbranche gut am Wiederverwerten, das Interesse an echter Müllvermeidung ist somit überschaubar.

Der Doku-Film nimmt eine Industrie unter die Lupe, die das Problem lieber verbirgt als löst. Die Autoren spüren Müllmakler auf, die Plastikmüll illegal ins Ausland verschiffen, Industriezweige, die sich an der Verbrennung von Müll bereichern, und Mafianetzwerke, die mit Abfallschmuggel so viel Geld verdienen wie mit Menschenhandel.

Mehrweg & nachwachsende Alternativen: Lösungen für das Müllproblem.

Gutes Recycling und echter Klimaschutz braucht mehr Mehrweg statt Einweg. So viel ist klar. Die Deutsche Umwelthilfe weist darauf hin, dass durch das Ersetzen von klimaschädlichen und kaum recycelbaren Einweg-Verpackungen durch Mehrwegalternativen jährlich mehr als 490.000 Tonnen CO2 vermieden werden könnten. In Deutschland fallen laut Umwelthilfe pro Jahr mehr als 190.000 Tonnen Abfall durch Einweg-Becher, -Besteck, -Teller und -Essensboxen an. Krass oder?

Positive Beispiele für mehr Mehrweg.

Wie die Mehrwegangebotspflicht in der Praxis umgesetzt werden kann, zeigt sich in Rostock. So unterstützt die Stadt erfolgreich die Einführung von Mehrwegsystemen für Essen und Trinken zum Mitnehmen mit einer Anschubfinanzierung. Am Strand von Warnemünde bieten die ansässigen Gastronomen seit 2022 ein gemeinsames Mehrwegsystem für Getränke und Speisen an.

Sind Glasflaschen wirklich besser als Plastikflaschen?

Umweltfreundliche bzw. nachwachsende Alternativen für Plastikverpackungen.

Statt Recycling ist es noch besser, erst gar kein Plastik mehr zu nutzen. Auch weil es zum Beispiel aus Erdöl produziert wird, was bekanntermaßen nicht ewig zur Verfügung steht und das Klima schädigt. Aber das ist einfacher gesagt als getan, auf manche Plastikarten können wir so schnell nicht verzichten. Aber: Immer mehr Plastikverpackungen werden durch neue Alternativen, teils organische und nachwachsende Stoffe, ersetzt. Ein kurzer Überblick, woraus Plastik inzwischen schon ersetzt wird:

  • Plastik aus Pilzen wie dem Pilz Mycelium
  • Milchproteine aus der Forschung
  • Algen als Plastik-Alternative
  • Biokunststoff aus Maisstärke
  • Plastik aus Hanf
  • Bambus statt Plastik

Besonders spannend ist der Pilz Mycelium: Im Gegensatz zu Kunststoffen, deren Zersetzung Hunderte Jahre (oder länger) dauern kann, sind Mycelium-Verpackungen abbaubar und verwandeln sich innerhalb weniger Wochen in nährstoffreiche Böden. Das niederländische Unternehmen Grown.bio produziert unter anderem nachhaltige Verpackungen auf Myzel-Basis. Fazit: Erste Lösungen für eine Plastikwende gibt es also!

Tipps für mehr Recycling und weniger Abfälle.

Kaufe in Unverpackt-Läden ein. 🥣

Kaufe wenn möglich in einem Unverpackt-Laden ein. In Deutschland gibt es mehr als 400 Unverpackt-Läden. Beim Branchenverband kannst du via Karte nachsehen, ob es auch in deiner Stadt einen Laden gibt.

Gemüse selbst anbauen. 🥕

Wer einen Garten hat, hat’s gut und kann Kartoffeln, Karotten, Kräuter und Co. selbst anbauen. Vieles klappt auch mit einem Balkongarten. Das spart den Weg zum Supermarkt und natürlich Verpackungsmaterial. Was Besseres kannst du gar nicht tun. Wirklich.

Nutze Gemeinschaftsgärten. 👩‍🌾

Du hast keinen Garten und keinen Balkon? Wie wäre es mit einer Urban Gardening Parzelle, die du meist für eine gewisse Dauer mieten und dort Gemüse deiner Wahl anbauen kannst?! Erkundige dich, ob es solche Gemeinschaftsgärten auch in deiner Nähe gibt. Viele Großstädte haben solche Angebote schon.

Upcycling und DIY. ✂️

Viele Materialien lassen sich gut verwenden, um aus ihnen etwas Neues zu machen – Stichwort Upcycling. Aus einer leeren Konservendose kannst du zum Beispiel einen Becher für Buntstifte machen. Und ein leerer Joghurtbecher oder Tetra Pak (aufschneiden) kann als kleiner Blumentopf für Schnittlauch, Kresse oder ähnliche Kräuter funktionieren.

Glas statt Kunststoff. 🥤

Greif zu Glas statt Kunststoff und Plastik. Das gilt bei Getränken, aber auch bei Essen. Glas kann deutlich besser recycelt werden als Kunststoff und hat zudem weniger schlechte Folgen für die Umwelt. Aber auch hier gilt: Am besten nutzt du das Glas mehrfach bevor es dem Recycling per Flaschencontainer zugeführt wird.

To Stay statt To Go. ☕️

Wenn du zur Abfallvermeidung beitragen willst, entscheide dich vor Ort zu essen und dein Mittagessen oder deinen Kaffee nicht To Go zu nehmen oder zumindest in selber mitgebrachte, wiederverwendbare Behälter füllen zu lassen. Schließlich haben wir doch alle keinen Bock mehr auf mit Einweg-Kaffeebechern überfüllte Mülleimer.

Portrait von Ludwig.

Ludwig. | Team Wirklich

E‑Mail:  ludwig.o@polarstern-energie.de

Ludwig ist ausgebildeter Journalist und hat viele Jahre bei einem großen Medienhaus in München gearbeitet. Bei Polarstern ist er Redakteur im Marketing-Team und schreibt Artikel für das Polarstern-Magazin und Neuigkeiten für unsere Newsletter. Außerdem kümmert er sich um Events wie die Earth Hour und den Isar Cleanup.