Warum Plastik so gefährlich ist.
Wir leben in einer Plastikwelt. Morgens wachst du in Plastik auf (Bettwäsche), trittst du auf dem Weg ins Bad darauf (Lego-Ritterburg), schmierst dich damit ein (Duschgel) und putzt dir damit die Zähne (Zahnpasta). Da ist der Tag gerade mal ein paar Minuten alt.
Plastik ist nun mal der Stoff, aus dem die Zivilisation gemacht ist. Rund 8,3 Milliarden Tonnen Plastik sollen laut Plastikatlas der Heinrich-Böll-Stiftung zwischen 1950 und 2015 weltweit produziert worden sein. Die Ökosysteme und das Klima packen das nicht. Denn rund 99 % des Plastiks wird aus Kohle, Öl und Erdgas hergestellt. Also genau aus den fossilen Energieträgern, die wir hinter uns lassen müssen. Leider wird der Plastikbedarf immer größer. Bis 2050 sollen die kunststoffbedingten Treibhausgasemissionen über 56 Milliarden Tonnen erreichen. Dafür gehen 10 bis 13 % des CO2-Budgets drauf, das noch bleibt, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen.
Corona hat der Plastik-Produktion leider einen zusätzlichen einen Schub verpasst. Laut einer Studie an der Nanjing-Universität hat allein der Mund-Nasen-Schutz etwa 8,5 Millionen Tonnen Plastikmüll verursacht.

Immerhin haben viele Regierungen das Problem erkannt und Maßnahmen ergriffen, um wenigstens Einwegplastikartikel aus dem Verkehr zu ziehen. Entscheidend ist aber, dafür zu sorgen, dass neues Plastik gar nicht erst produziert werden muss. Und da müssen wir alle bei uns selbst anfangen.
Die wichtigsten Tipps, um Plastikmüll zu vermeiden.

Tipp 1: So vermeidest du Verpackungen.
Die beste Chance, Plastik zu vermeiden, haben wir beim Einkaufen. Im Supermarkt gibt es nichts, was nicht in Plastik verpackt ist. Selbst Bio-Gemüse kommt in der Kunststoffschale oder im Plastikwrap. Plastik reduzieren beginnt daher schon bei der Wahl der Produkte. Die Quick-Tipps:
- Kauf auf dem Wochenmarkt ein, hier gibt's das Meiste plastikfrei.
- Nimm zum Einkaufen immer eine Stofftasche mit, die du möglichst lange nutzt. So reduzierst du den Plastiktütenverbrauch. Vor allem die kleinen Plastiktüten am Obst- und Gemüseregal sind so unnötig wie schädlich.
- Benutz für Take-Away-Essen eine Tupper-Box und eigenes Besteck.
- Trink deinen Coffee-to-go aus einem Recup. Das Mehrwegsystem gibt es in immer mehr Cafés. Alternativ hast du deinen eigenen Mehrwegbecher dabei.
- Kauf in Unverpackt-Läden ein. Dort werden Produkte wie Reis, Haferflocken oder Pasta in mitgebrachte Behälter gefüllt. Und nicht mal die musst du neu kaufen. Spül einfache alte Saucen- oder Marmeladengläser aus.
Apropos Glas: Ist Glas (und Edelstahl) wirklich besser als Plastik?
Unabhängig vom Material gilt: Mehrweg ist immer besser als Einweg. Wenn du also eine Mehrweg-Glasflasche kaufst, hat die gegenüber Plastik einen klaren Umweltvorteil. Anders ist das beim Einwegglas. Hier hat Glas sogar die schlechtere Öko-Bilanz. Gerade für Trinkwasser sind Einwegflaschen besonders unnötig. Denn Wasser kommt in bester Qualität aus der Leitung. Investiere lieber in einen Wasserfilter und einen Wassersprudler. Und unterwegs? Da findest du mit der Refill App Orte in deiner Umgebung, wo du deine mitgebrachte Flasche mit Leistungswasser auffüllen kannst.

Glas sinnvoll weiterverwenden.
Glas lässt sich auch viel einfacher weiterverwenden als Plastik. Glasbehälter eigenen sich zum Beispiel, um Salatdressing zu machen oder aufzubewahren. Sie können als Blumenvasen, Trinkgläser oder als Mehrwegbehälter für den verpackungsfreien Einkauf genutzt werden.
Nutz, was du schon hast.
Wenn du jetzt einen Schrank voll mit einwandfreier Plastik-Tupperware hast, solltest du sie auch nutzen, bevor du dir neue Glasbehälter zulegst. Aus hygienischen Gründen sollten verkratze und verfärbte Plastikbehälter irgendwann aussortiert werden. Wenn du dann etwas Neues anschaffst, darf‘s gerne Glas sein.
Glas vs. Plastik: Die Vor- und Nachteile auf einen Blick.
Pro Glas.
Pro Glas.
- Kann als Mehrweg ca. 50x befüllt werden.
- Kann privat weitergenutzt werden.
- Verursacht weniger CO2 pro Gramm.
- Verschmutzt nicht die Meere.
Contra Glas.
- Wird energieaufwendig hergestellt.
- Wird aus Sand hergestellt, ein nicht unendlich verfügbarer Rohstoff.
- Ist lichtdurchlässig, d.h. es schützt Lebensmittel nicht so gut vor Licht.
- Das Einschmelzen verbraucht Energie.
Pro Plastik.
- Kann als Mehrweg ca. 25 x befüllt werden.
- Ist leichter, dadurch weniger CO2 für den Transport einer Packung.
- Ist der Standard in der Industrie d.h. Maschinen sind auf Plastik ausgerichtet und müssten. umgebaut/entsorgt werden.
Contra Plastik.
- Hat hohe CO2-Emissionen pro Gramm.
- Können nur zu etwa 46 % recycelt werden.
- Verschmutzt die Meere.
- Kann kaum im Alltag wiederverwendet werden.
- Ist gesundheitlich bedenklich (Chemikalien, Hormone, Weichmacher).

Tipp 2: Achte auf deinen „unbemerkten“ Plastik-Verbrauch.
Plastik vermeiden bedeutet auch, auf die Inhaltsstoffe zu achten. Denn in vielen Produkten steckt noch eine Extraportion Plastik: Mikroplastik. Man erkennt es zum Beispiel an Bezeichnungen wie "Polyethylen", "Polyamide" und "Polyacrylat". Besonders in der Kosmetik ist es Standard. Das Mikroplastik in Duschgels, Peelings und anderen Pflegeprodukten soll für einen „Schleifeffekt“ der Haut sorgen – sie glatter machen. Das Problem: Die kleinen Plastikpartikel gelangen in die Luft, das Trinkwasser und den Boden – und so wieder in unseren Körper. Dort gehen sie uns auf Leber und Nieren, bringen Hormone durcheinander, schädigen das Immunsystem und führen im schlimmsten Fall zu Krebs.
Die Top 3 der Mikroplastikverursacher.
Ein Drittel der Mikroplastik-Emissionen werden in Deutschland übrigens von Autoreifen verursacht, beziehungsweise vom Abrieb beim Fahren. Eine Studie des Fraunhofer Instituts von 2018 zeigte die größten Verursacher von Mikroplastik: Nach den Autoreifen auf Platz 1 folgen „die Freisetzung bei der Abfallentsorgung“ und „der Abrieb von Asphalt“. Kosmetik schafft‘s auf Platz 17.
Tipp 3: Nutze und recycle bestehendes Plastik.
Plastik recyceln.
Es gibt schon genug Plastik auf der Welt. Wenn wir kein neues produzieren wollen, müssen wir das vorhandene Plastik weiterverwenden. Da gibt es noch Nachholbedarf. Laut Plastikatlas wurden nicht mal 10 % des jemals produzierten Plastiks recycelt. Auch in Deutschland ist die Recycling-Quote viel zu gering, und das obwohl Deutschland die Nummer eins im Plastik produzieren und verarbeiten ist. Der Plastik-Atlas schreibt dazu:
„Die Deutschen wären gern Recycling-Weltmeister. Das ist aber Wunschdenken. Von den 2017 angefallenen 5,2 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen wurden gerade mal 810 000 Tonnen wiederverwertet. Das entspricht einer Quote von 15,6 Prozent.“ – Plastikatlas
Ein großer Teil des Plastikmülls aus Deutschland wird noch dazu nicht bei uns recycelt, sondern nach Asien exportiert. Dort landet es häufig einfach in Müllverbrennungsanlagen oder im Meer. Wir müssen alle mithelfen, die Recycling-Quote zu erhöhen – indem wir lernen, die Dinge richtig zu entsorgen. So schwer ist es nicht.

Plastik weiternutzen.
Zu Hause kannst du Plastikmaterialien auch immer upcyceln. Die Plastikverpackung von Klopapier eignet sich wunderbar als Müllbeutel, und Waschmittelflaschen können zu Gießkannen umfunktioniert werden. Auf Pinterest findest du jede Menge Basteltipps für Plastikreste. Aus Plastik entsteht manchmal sogar große Kunst. Der Künstler El Anatsui nutzt Materialien wie Flaschenverschlüsse für seine Skulpturen.
Tipp 4: Nimm auch immer den Müll von anderen mit.

Wer Plastik verhindern will, muss auch den Müll von anderen mitnehmen. Gehört mir nicht, gibt's nicht – fremder Müll ist immer unser eigenes Problem. Ist zum Beispiel Mikroplastik erst einmal im Boden oder auf den Äckern, nehmen wir es über die Nahrung oder das Trinkwasser wieder auf. Laut WWF nimmt jede:r pro Woche ungewollt bis zu 5 Gramm Plastik zu sich. Das entspricht in etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.
Fremder Müll geht uns auch deshalb immer etwas an, weil die Auswirkung eines einzigen Plastikteils riesig sein kann. Selbst Menschen, die weit weg von Küsten wohnen, tragen zur Vermüllung der Ozeane bei. Die Abfälle geraten etwa über Flüsse oder das Abwasser ins Meer. Das Plastik liegt sogar im Marianengraben und im Arktischen Eis. Vielleicht war es mal unseres.
Eine LKW-Fuhre pro Minute.
Überhaupt ist das Meer zum Gradmesser für unseren Plastikverbrauch geworden. Laut Unternehmensberatung McKinsey sollen pro Jahr 8 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Meere gelangen. Das ist eine LKW-Ladung pro Minute. Es kann Jahrhunderte dauern, bis sich eine Angelschnur oder eine Plastikflasche zersetzt. In der Zwischenzeit verenden die Tiere daran, weil sie Teile verschlucken oder sich darin verheddern. Auch hier landet das Plastik über die Nahrungskette, etwas durch den Verzehr von Fisch, in unserem eigenen Körper. Wenn wir nicht handeln, zerstören wir mit der Plastikverschmutzung nicht nur den Planeten, sondern auch uns selbst.
Get up, clean Up!

Hilf mit, Plastik zu reduzieren. Unsere Tipps helfen dir dabei. Und wenn du mal in der Nähe bist. In München veranstalten wir bei Polarsten jedes Jahr den Polarstern Isar Clean-Up. Um alle zum Aufräumen zu motivieren – und um ein Statement zu setzen: Müll geht uns immer etwas an. Weg damit!