Sozialunternehmen in der Gastronomie: Tschüss Verschwendung, Hallo Gemeinwohl.

Sozialunternehmen kennen viele Menschen aus dem Kultur- und Sozialbereich. Aber es gibt Social Businesses auch in vielen anderen Geschäftsfeldern, wie der Mode, dem Finanzsektor oder der Kinderbetreuung. Und auch in der Gastronomie ist das „bessere Wirtschaften“ angekommen. Wer Plastikbesteck und weggeworfenes Essen satt hat, ist mit diesen Unternehmen besser dran.

von Tabatha - Lesezeit: 5 Minuten

Plastik, lange Transporte und mehr: Die größten Herausforderungen in der Gastronomie.

Viele der Probleme in Sachen Nachhaltigkeit, die in der Gastronomie aufkommen, kennen wir selbst vom Einkaufen und Kochen aus dem Alltag: Mit dem Transport von Lebensmitteln aus dem Ausland gehen hohe CO₂-Emissionen einher, viele Dinge sind (unnötigerweise) in Plastik verpackt und oft genug bleibt Essen übrig und landet im Müll. Allerdings ist es bei einem Restaurant schon aufgrund seiner Größe deutlich schwieriger und teurer, an alles zu denken. Oder geht es auch anders?

Ja, beispielsweise mit Mehrweg-Verpackungen. Häufig wird Plastik allein aus Kostengründen genutzt, der Schaden für die Umwelt ist zweitrangig. Dabei gibt es inzwischen auch wirtschaftlich vernünftige Alternativen. Manchmal erfordern sie jedoch Umstellungen in den Prozessen und in der Vermarktung. Gerade Social Businesses lassen sich davon nicht abschrecken und ergreifen neue Möglichkeiten. Denn wer ein Social Business gründet, der will in erster Linie einen gesellschaftlichen Mehrwert leisten. In der Gastronomie gehört dazu zum Beispiel, den Verpackungsmüll bei Lebensmitteln zu reduzieren und so die Umwelt zu schützen.

So geht´s anders: Social Businesses in der Gastronomie.

Um zu erfahren, wie Sozialunternehmen in der Gastronomie die Herausforderungen bewältigen, haben wir uns vier zertifizierte Social Businesses aus Deutschland angesehen.

Verpackungsfreie Essenslieferung von vanilla lunch.

Plastikgabeln, -deckel und -tüten sind inzwischen vielen Verbrauchern ein Dorn im Auge. Wenn du dir Essen zum Mitnehmen holst, kannst du natürlich mit Tupperware ausgerüstet kommen und so schon mal eine Menge Verpackungsmüll sparen. Aber bei Lieferungen sieht das meist anders aus. Damit du dir leckere und vegane Gerichte in die Arbeit bestellen kannst und danach nicht mit schlechtem Gewissen tonnenweise Plastik in den Müll werfen musst, gibt es vanilla lunch. Hier wird das Essen in wiederverwendbaren Boxen verpackt. Die werden bei der nächsten Bestellung einfach wieder ausgetauscht. Die Gerichte selbst sind vegan und werden gemeinsam mit ausgesuchten Restaurants täglich frisch zusammengestellt.

Die Vorteile auf einen Blick:

  • Gesunde, vegane (und damit auch klimaschonende) Gerichte.
  • Bequeme und umweltfreundliche Lieferung per Elektro-Lastenrad, betrieben mit Ökostrom.
  • Kein Müll dank Mehrweg-Verpackung.
  • Faire Bezahlung für die Fahrer.

Bisher gibt es vanilla lunch nur in Regensburg und Berlin, doch die Expansion auf weitere deutschsprachige Großstädte ist geplant. Vorerst arbeitet vanilla lunch noch nicht mit Privatkunden, sondern konzentriert sich auf das Mittagsgeschäft von Firmen und Organisationen. Schade! Aber für die Zukunft ist auch die Lieferung an Privatpersonen ein Thema.

Doch warum braucht es eigentlich speziell in der Gastronomie Sozialunternehmen wie vanilla lunch? Ganz einfach: Aktuell mangelt es – besonders im Lieferbereich – an Alternativen zu herkömmlichen Lieferdiensten. Laut vanilla lunch wurden im Jahr 2017 beispielsweise 27.000 Tonnen Verpackungsmüll nur durch das Liefergeschäft produziert. Da konventionelle Lieferdienste sich auf Einzellieferungen konzentrieren, befinden sie sich im ständigen Preiskampf mit ihren eigenen Kurieren. Das bedeutet, dass die Kuriere schlecht bezahlt werden, um bei den geringen Beträgen für Einzellieferungen noch Gewinn zu machen. Indem vanilla lunch sich auf Sammelbestellungen fokussiert, vermeiden sie genau das.

Die Mitarbeiter von vanilla lunch essen übrigens größtenteils selbst vegan oder vegetarisch und achten darauf, Bio-Lebensmittel zu kaufen. Das machen sie aus Überzeugung auch für den Klimaschutz.

Sinnorientierte Unternehmen wie Einhorn, Soulbottles und Ecosia sind ein Vorbild für vanilla lunch. Sie wollen mit ihrem nachhaltige Lieferservice ihre Kunden dabei unterstützen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und ihnen ein attraktives Angebot für den Mittagstisch anbieten. Wenn du in Regensburg oder Berlin arbeitest und dich für vanilla lunch interessierst, findest du hier (https://www.vanillalunch.com) weitere Infos.

„Das Angebot in der Gastronomie wächst enorm. Vor allem in den Großstädten. Wir sind froh mit unserem umweltbewussten Restaurantguide vanilla bean und jetzt mit vanilla lunch diese Entwicklung fördern zu können.“ – Fabian von vanilla lunch.

>>> Vegan leben findest du super? Nicht nur bei Lebensmitteln kannst du auf Tierprodukte achten.

Traditionelles Essen und zukunftsorientierte Werte beim Klinglwirt.

Der Klinglwirt in München bringt traditionelles, bayerisches Essen auf den Teller. Die Idee hinter dem Restaurant: Ein nachhaltiges und klimafreundliches Unternehmen, das trotzdem wirtschaftlich arbeitet. Betreiberin Sonja Obermeier war zuvor in einer Klimaschutzberatung tätig und hatte damit die besten Voraussetzungen, ihre Vision umzusetzen.

Das fängt schon bei der Speisekarte an: Beim Klinglwirt wird auf Bio-Lebensmittel und eine große Auswahl an vegetarischen Gerichten gesetzt.

„Der Bio-Anteil unserer Speisen liegt bei etwa 50% und wir sind ständig damit beschäftigt das weiter auszubauen. Außerdem kaufen wir sehr viel bei Bauern und Produzenten meiner Heimat, dem Ebersberger Landkreis, und dem sonstigen Münchner Umland.“ – Sonja Obermeier vom Klinglwirt.

Warum Bio-Produkte so wichtig sind? Während Supermärkte schon viel Auswahl bieten, fehlt es in der Gastronomie häufig noch an „echtem Bio“, sprich: mehr als ein Bio-Gericht oder eine einzelne Zutat. Hier findest du noch mehr Infos zum Engagement vom Klinglwirt.

Im Klinglwirt wird außerdem mit Ökostrom gekocht. Liegt ja nahe, denn wer bei der Ernährung auf Nachhaltigkeit achtet, kann das ganz einfach auch bei seinem Energieverbrauch tun.

>>> Erfahre mehr darüber, wie dein Wechsel zu Ökostrom das Klima schützt.

Auch im Umgang mit Mitarbeitern wird das Thema Social Business gelebt: Private Themen wie Prüfungen oder Wochenendtrips werden im Dienstplan berücksichtigt, sodass jeder auf seine Kosten kommt. Teilweise organisiert sich das Serviceteam beim Klinglwirt auch selbst.

Und auch beim Thema Ressourcen geht es beim Klinglwirt anders zu als in vielen anderen Gaststätten: Während viele Betriebe noch auf Teildienste und 6-Tage-Wochen setzen, werden Köche und Kellner hier wieder wertgeschätzt. Personalmangel? Fehlanzeige.

Nachhaltiges Essen.

Leckere Tradition und nachhaltiges Wirtschaften: Beim Klinglwirt schmeckt nicht nur das Essen.

„Für uns geht es bei unserer Arbeit um eine Lebenseinstellung, nicht nur um ein "Geschäft.“ sagt Sonja Obermeier, „das Ziel ist es, einen Mehrwert für alle zu schaffen, für die Gäste, für die Mitarbeiter, für die Stadt, für die Produzenten und für die Umwelt.“

Bier mit gutem Gewissen von Quartiermeister.

Bier, das Menschen hilft? Besser geht´s nicht. Das dachten sich auch die Quartiermeister-Gründer und so entstand das nachhaltige Label – zunächst als Verein. Drei Jahre lang lief Quartiermeister auf ehrenamtlicher Basis: Alle Gewinne kamen sozialen und kulturellen Projekten in der Nachbarschaft zugute.

Heute besteht der Verein parallel zum Unternehmen: Das Unternehmen kümmert sich um die Produktion, den Vertrieb und die Vermarktung des Bieres, während der Verein die Fördermittelvergabe abwickelt. Denn pro verkauftem Liter Bier werden 10 Cent in soziale Projekte investiert. Welche, das entscheiden die Kunden selbst: Auf der Website von Quartiermeister können sie monatlich abstimmen, wer die Spenden erhalten soll. Bisher kamen so über 140.000 € für über 130 Projekte zusammen.

Quartiermeister bestätigt uns, dass es in der Gastronomie nur eine geringe Auswahl an nachhaltigen Alternativen gibt. Gleichzeitig werden unabhängige Brauereien in Deutschland immer rarer, denn Großbrauereien übernehmen häufig die kleinere und vielfältigere Konkurrenz. Dem wirkt Quartiermeister entgegen, indem mit regionalen, sozialen und unabhängigen Brauereien gearbeitet wird. Die Geschmäcker sind ebenfalls je nach Region unterschiedlich.

„Wir arbeiten ausschließlich mit unabhängigen Partnern zusammen und sprechen uns gegen Großkonzerne aus. Zudem versuchen wir, unsere Biere so nachhaltig wie möglich zu produzieren.“ – Annika von Quartiermeister

Deshalb arbeitet Quartiermeister mit zwei inhabergeführten Brauereien zusammen, um Lieferwege möglichst kurz zu halten: Die Stadtbrauerei Wittichenau in der Oberlausitz und die Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting bei München. So hat kein Bier mehr als 300 km auf dem Buckel. Bei der Produktion wird zusätzlich Wert auf regionale und größtenteils ökologische Rohstoffe gelegt und mit Ökostrom gearbeitet.

Quartiermeister ist – wie auch Polarstern – Mitglied bei Send e.V. (Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland). Hier erfährst du mehr über SEND und die Arbeit, die sie leisten.

Quartiermeister.

Bei Quartiermeister werden mit dem Verkauf von Bier soziale Projekte gefördert.

Lecker vegan Essen bei Organiced Kitchen | Johannes Emken in Berlin.

Das Berliner Café von Johannes Emken ist nicht nur Mitglied der Gemeinwohlökonomie, sondern serviert auch ausschließlich vegane Speisen und Getränke. In der Herstellung der Gerichte wird auf die Umwelt geachtet: Bei Organiced Kitchen setzt man auf kurze Transportwege, ökologische Produktion und Regionalität. Die Speisen sind eine Mischung aus traditioneller und moderner Küche.

>>> Nicht nur vegan essen, sondern auch vegan kochen kannst du mit Wirklich Ökostrom von Polarstern.

Diesen Impact haben Social Businesses in der Gastronomie.

Unser Fazit: Es gibt spannende Ansätze in der Gastro, wirklich nachhaltiger zu wirtschaften. Sowohl was faire Arbeitsbedingungen betrifft, als auch die Schonung unserer Ressourcen sind Social Businesses Vorreiter. Und es inspiriert noch dazu: So fördern sie auch die Vielseitigkeit von Angeboten (wie bei Quartiermeister), indem sie beispielsweise bewusst auf kleine und vielfältige Lieferanten setzen und dadurch verhindern, dass durch große Unternehmen am Ende alles gleich schmeckt. Mit ihren Lösungen für weniger Verpackungsmüll, bieten sie auch uns als Verbraucher Ideen, Müll zu sparen und stattdessen Mehrwegboxen zu nutzen.

>>> Mehr Tipps und spannende Infos gibt´s im Polarstern-Newsletter.

Natürlich ist der Grundgedanke eines Social Business, dass das erwirtschaftete Geld zu einem Teil reinvestiert wird. Sozialunternehmen in der Gastronomie unterstützen daher oft soziale Projekte etwa im Bereich der Integration. Einige Cafés stellen beispielsweise bewusst Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit schwierigen Lebensbiographien ein.

Alles in allem lohnt es sich also, in der Gastronomie die Augen nach Social Businesses aufzuhalten. Damit dir das leichter fällt, kannst du ganz einfach auf unsere Social Business Landkarte klicken und dort nach Sozialunternehmen in deiner Nachbarschaft suchen.